Worauf muss man bei der Auswahl eines Fütterungssystems für Sauen in Gruppenhaltung achten?

sow group housing

Der Umbau auf Gruppenhaltung: Eine wertvolle Erfahrung.

Von Sylven Blouin

  • Sylven Blouin, Agr.
  • Leiter Tierwohl bei Jyga Technologies seit 2018
  • Agrarwissenschaftler
  • Mehr als 30 Jahre Erfahrung
  • Schweineerzeuger

Vor einigen Jahren hat die kanadische Schweineindustrie ihre Absicht angekündigt, sich den neuen Richtlinien des kanadischen „Code of Practice“ im Hinblick auf die Gruppenhaltung von Sauen anpassen zu wollen, ab 2024 sind diese Vorgaben verpflichtend umzusetzen. Aus diesem Grund ist Sylven Blouin bereits 2012 beauftragt worden, bestmögliche Lösungen für eine optimale Anpassung an die neuen Richtlinien und den Umbau der landwirtschaftlichen Betriebe zu erarbeiten. In dieser Zeit wurden viele Erfahrungen in den unterschiedlichsten Bereichen gemacht und nicht auf einen bestimmten Hersteller beschränkt, da die Firma mit vielen unabhängigen Kunden zusammengearbeitet hat.

Als Folge der oben beschriebenen Absichtserklärung haben viele Hersteller und Zulieferer ihre Geschäftsbereiche aufgegeben und aufgehört, ihre Produkte weiterzuentwickeln und zu verkaufen, und ihre Kunden damit im Regen stehen gelassen. Andere entschieden sich, ihre Kunden an etablierte Firmen „weiterzureichen“. Aber auch diese Sauenhalter fanden sich plötzlich in einer Situation wieder, in der sie ohne technische Mittel oder sonstige Unterstützung mit ihren neu erworbenen, teuren Systemen allein dastanden. Blouin beschreibt diese Sauenhalter in seinem Text als „Technologiewaisen“.

Tatsächlich lässt sich dieses Konzept, das leider für viele Sauenhalter zur Realität geworden ist, wie folgt definieren: es handelt sich hierbei um einen Sauenhalter, dessen Hersteller und/oder Händler die Produktion/den Verkauf ohne vorherige Ankündigung aufgegeben hat und der nicht vorhat, sich an die vertraglich vereinbarten Leistungen zu halten, und so beizutragen eine Amortisierung der bereits geleisteten Investition zu erzielen. Es fehlt der After Sales Service, die technische Unterstützung, etc. In diesem Artikel werden Sie diverse Tipps und Ratschläge finden, wie Sie selbst vermeiden können, in eine derartige Situation zu gelangen.

Behalten Sie diese sieben grundlegenden Kriterien im Blick

Ein Tipp am Rande: „Kaufen Sie Ihr Equipment von einem Hersteller, der schon viele Jahre am Markt ist und sich auf Sauenfütterung spezialisiert hat,“  rät Sylven Blouin.

Ausgehend von seiner praktischen Erfahrung auf dem Betrieb und um die Suche nach einem passenden System zu optimieren, nennt Blouin folgende Kriterien, die für die Auswahl eines Fütterungssystems essenziell sind:

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Auf einigen Betrieben war die Fütterung von Sauen in Gruppenhaltung bereits eingerichtet worden. In manchen Fällen wurden die Vorgaben des kanadischen „Code of Practice“ bei der Stallfläche pro Tier allerdings nicht eingehalten. Außerdem wurden auf einigen Betrieben die Sauen noch auf dem Boden gefüttert und/oder in einfachen Fressständen.

Beide oben genannten Methoden erfüllen nicht den ersten Punkt auf der Liste. Eine präzise Überwachung der gefressenen Futtermenge bei jedem Tier ist sehr wichtig für den Überblick über die Herdenleistung und die Kontrolle der Futterkosten.

Außerdem muss der Tierschutz entsprechend berücksichtig werden. Eine Fütterung auf dem Boden oder in Fressständen entspricht laut Sylven Blouin nicht den modernen Tierschutzstandards, da bei diesen Fütterungsmethoden eine höhere Konkurrenz und damit auch mehr Aggression innerhalb der Herde herrscht. Bei beiden Systemen gibt es zudem höhere Keulungs- und Mortalitätsraten, sowie ein höheres Stresslevel während der Fütterungszeiten.

Hier gibt es laut Blouin nur zwei sinnvolle Lösungen: entweder Selbstfangkastenstände oder den Umstieg auf eine elektronische Sauenfütterung (ESF). Beim Einbau von Selbstfangkastenständen kann oft das sechste Kriterium auf der Liste nicht erfüllt werden. Tatsächlich wählten einige Sauenhalter genau diese Option und mussten sich in der Folge entscheiden, ob sie ihre Sauenzahl um mehr als 30% verringern oder ihre Gebäudegrundfläche entsprechend vergrößern wollten, was allerdings wirtschaftlich unrealistisch war. Hier machte es mehr Sinn, in ein ESF System zu investieren.

ESF: Was ist mit dem Anlernen der Sauen?

Ein Sauenbetrieb mit 800 Tieren ist mit den entsprechenden Stationen bei einer Verteilrate von 1 Station pro 60 Sauen ausgerüstet worden. Der Händler, dessen Servicequalität seit vielen Jahren einen sehr guten Ruf genießt, stattete den Betrieb mit qualitativ hochwertigen Europäischen Stationen eines Herstellers aus, der schon seit über 25 Jahren am Markt ist. Blouin bechreibt, dass dieses System die meisten der oben gelisteten Kriterien bis auf das dritte auch erfüllt, problematisch ist in diesem Fall allerdings die Wartung (das System arbeitet mit Luftzylindern und Kompressoren, etc.).

Und obwohl das System die meisten der sieben Kriterien erfüllt, war das Anlernen von Jungsauen oder die Rückführung von Sauen in die Gruppe für eine zweite Trächtigkeit eine Herausforderung. Tatsächlich war der Betrieb trotz einer effizienten Trainingseinheit in den Quarantänestationen ein äußerst zeit- und arbeitsintensives Unterfangen. Blouin zufolge, ist auch das ein nicht zu unterschätzender Faktor, den man bedenken sollte, wenn man überlegt, auf ein ESF System umzusteigen.

GESTAL 3G: Eine Hybridlösung für Sauen in Gruppenhaltung

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Jyga Technologies hat sich am Markt mit einem völlig neuartigen Konzept etabliert: einem Selbstfangkastenstand in Kombination mit einer elektronischen Sauenfütterung – dem GESTAL 3G System. Die Vorteile dieses Systems sind nicht von der Hand zu weisen, denn der Zeitaufwand für das Anlernen der Tiere verringert sich deutlich. Außerdem gibt es bei diesem System ein vorteilhaftes Verhältnis von ca. 15 Sauen pro Station. Das 3G System kann zudem sehr einfach vom Stallpersonal gewartet werden.

Kombination von ESF mit einem Selbstfangkastenstand: eine attraktive Mischung

Direkt nach der Einführung dieser idealen Kombination wurde das 3G System auf mehreren Betrieben installiert.

Ich bin sehr stolz, Teil dieser Erfahrung gewesen zu sein. Mir hat das Konzept so gut gefallen, dass ich mich damals dafür entschieden habe, das JYGA Team zu unterstützen und die 3G Stationen weltweit zu vertreiben. Eine sehr bereichernde Erfahrung, das können Sie mir glauben”, lacht Blouin. Heute werden Millionen von Sauen in mehr als 34 Ländern mit dem Gestal 3G System versorgt.

Viele Sauenhalter haben Angst davor, ein neues Konzept mit moderner Technik auf ihren Betrieben einzuführen. Aber beim 3G System berichten die meisten Stallbetreiber, dass sich nach einiger Zeit das Verhalten der Herde ändert und insgesamt deutlich mehr Ruhe in der Herde herrscht. Auch führen alle die einfache Handhabung als klaren Pluspunkt an.

Neue Produkte am Markt…

Aufgrund des Erfolges der Gestal 3G Stationen haben einige Firmen angefangen das Konzept nachzuahmen und zu verkaufen. Man sollte jedoch immer Punkt Sieben auf der Liste im Blick behalten, der besagt, dass eine Technologie bewährt und auch verfügbar sein sollte.

Entgegen der landläufigen Meinung ist die Entwicklung eines Fütterungssystems für Schweine komplex. Neben anderen Dingen muss das Equipment wegen des Stallklimas (Gas, Luftfeuchtigkeit, Staub) auf Leckagen getestet werden. Aufgrund der steigenden Futterkosten und der hohen Fruchtbarkeitsraten der Tiere, muss das System sehr präzise sein und seinen Beitrag zur Vermeidung von Futterverlusten leisten.

Für die Weiterentwicklung und die Programmierung von Futterkurven und die Ausarbeitung von Strategien, ist ein gewisses Maß an Erfahrung von Seiten des Herstellers nötig. Derartige Systeme müssen im Betrieb getestet werden, bevor man sie auf den Markt bringt. Oder, um es mit den Worten von Sylven Blouin zu beschreiben, kein Hersteller von Sauenfütterungssystemen kann es sich leisten durchzuimprovisieren.

Wie vermeidet man eine bittere Enttäuschung?

Unglücklicherweise haben viele Sauenhalter, die sich zu den „Technologiewaisen“ zählen lassen müssen, neue Systeme gekauft, ohne, dass diese Technologien wirklich unter Produktionsbedingungen in einem Betrieb getestet worden wären. Es war schnell offensichtlich, dass die Sauen nicht richtig oder mit zu geringen Mengen gefüttert wurden. Die Systeme waren völlig unpräzise, es gab keinen After-Sales Service, keine technische Unterstützung… zusammengefasst kann man sagen, dass die Systeme bei weitem nicht den Erwartungen entsprochen haben.

Ein Tipp am Rande: „Lassen Sie sich nicht zu einer dieser „Technologiewaisen“ machen: recherchieren Sie gründlich, denn ein Fütterungssystem für Sauen ist eine große Investition, die vernünftig durchdacht sein will. Falls Sie während dieses Prozesses Fragen haben, hilft Ihnen unser erfahrenes Expertenteam gerne weiter“, rät Blouin.

Über den Autor…

„Seit 2018 bin ich bei JYGA Technologies als Leiter der Abteilung Tierwohl tätig und werde hierbei von einem motivierten und hochqualifizierten Team unterstützt. Durch meine Tätigkeit treffe ich Sauenhalter aus der ganzen Welt und habe Einblick in großartige Entwicklungsprojekte weltweit.

Davor habe ich 30 Jahre als Zuchtbeauftragter für einen großen Betrieb in meiner Heimat gearbeitet, wo ich anfänglich direkt auf dem Betrieb tätig war und dann als technischer Berater und Personalmanager im Außendienst.“ – Sylven Blouin, Agr.