Auswirkungen des kalifornischen Gesetzesvorhabens Proposition 12 auf die Schweineindustrie

Die Sicht eines Bauherrn zur Einhaltung der Vorschriften

Gastautor: AG PROPERTY SOLUTIONS

Während der Zeitpunkt des Inkrafttretens des kalifornischen Gesetzesvorhabens Proposition 12 (auch als “Farm Animal Confinement Initiative” bekannt) am 1. Januar 2022 immer näher rückt, versuchen Schweineproduzenten und andere Branchenexperten in ganz Nord Amerika immer noch herauszufinden, was für Auswirkungen das kontroverse und komplexe kalifornische Gesetzesvorhaben auf ihre Betriebe und die Schweineindustrie als Ganzes haben wird.

Ganz besonders gilt dies für diejenigen Produzenten, die über einen Neubau nachdenken, ihren bestehenden Betrieb erweitern wollen, bereits ihre Produkte in Kalifornien verkaufen oder planen, zukünftig Produkte nach Kalifornien zu verkaufen. Es gibt sowieso schon eine große Bandbreite an verschiedenen Faktoren, die man bedenken muss, wenn man ein Bauvorhaben im landwirtschaftlichen Bereich plant. Mit den in Proposition 12 festgelegten Zielen und der bevorstehenden Umsetzung des Gesetzesvorhabens, erhöht sich das Risiko für zukünftige Bauvorhaben noch einmal deutlich.

Als Unternehmen, das Schweineproduzenten das ganze Spektrum von der Entwurfsplanung über die Ausführung bis zu Reparatur- und Wartungsarbeiten anbietet, möchten wir auf ein paar wichtige Fragen eingehen, die Sie sich stellen (und beantworten) sollten, wenn Sie Ihren Betrieb erweitern wollen – vor allem im Hinblick auf die in Proposition 12 vorgeschlagenen Leitlinien.

AG Property Solutions

1. Möchten Sie mit Blick auf ggf. vorhandene bauliche Beschränkungen die Herdengröße beibehalten oder reduzieren?

In vielen mit Kastenständen ausgestatteten älteren Ställen herrscht ein Platzverhältnis von 14 sq. ft./Tier (ca. 1,3 m2/Tier). Eine Erhöhung von 14 auf 24 sq. ft./Tier (1,3 m2 auf 2,2 m2) entspricht in den meisten Altställen einer Erweiterung der Fläche um ca. 70%, wenn man davon ausgeht, dass die Gänge sich nicht verändern bzw. die Gesamtfläche der Gänge gleichbleibt.

Reduzierung der Herdengröße

Bei einer Reduzierung der Herdengröße, sollte man auch die Anzahl der verfügbaren Abferkelstände bedenken, weil diese Zahl wiederum einen Einfluss auf die Herdengröße im Wartebereich hat.

Erhaltung der Herdengröße

Die meisten Kunden legen ihren Fokus auf eine Maximierung der Anzahl an Tieren im Wartebereich. Dieses Vorgehen ist jedoch häufig zu Lasten des Arbeits- und Tiermanagements. Ein erfolgsorientierter Entscheidungsprozess muss immer auch den Produzenten, das Stallmanagement und das Arbeitsaufkommen betrachten, um die bestmögliche Situation für alle Beteiligten zu schaffen.

2. Was soll mit den Abferkelständen passieren?

  • • Was soll mit den überzähligen Abferkelständen passieren, wenn die Herde im Wartebereich reduziert wird?
  • • Wird es für Abferkelstände und -böden in Zukunft ähnliche Vorschriften geben, wie für tragende Sauen? Wird es auch hier neue Standards und damit auch neue Hürden geben?

Abferkelstände – und ihr Platz in dem großen Puzzle – sind wichtig und müssen mitgedacht werden. Aufgrund der Fakten, die bereits bekannt sind, und im Hinblick auf den „Ton“ der Proposition 12, gibt es gute Gründe zu vermuten, dass die bestehenden 5’ x 7’ (1,5 m x 2,1 m) Abferkelbuchten zukünftig nicht groß genug sein werden. Dies würde bedeuten, dass sich Ihre derzeitige Anzahl an Abferkelständen pro Stall reduzieren würde, wenn dazu neue Richtlinien in Kraft treten würden.

In aktuellen Diskussionen wird für Abferkelbuchten eine Mindestfläche von 48 sq. ft. (4,5 m2) genannt, inkl. Abferkelstand, in dem sich die Sau umdrehen kann. Bis jetzt gibt es allerdings noch keine klaren Aussagen darüber, welche Richtlinien oder Vorschriften zukünftig gelten werden. Wenn wir also davon ausgehen, dass 48 sq. ft. (4,5 m2) der neue Standard für Abferkelbuchten wird, entspricht das einem Mehrbedarf an Fläche von ungefähr 37%.

Wenn Sie im Bezug auf die Tierbewegung davon ausgehen, dass das die Zukunft ist, sollten Sie eine Reduzierung der Herde im Wartebereich und eine Reduzierung der Abferkelstände sorgfältig abwägen. Eine Reduzierung der Tierzahl könnte bei verbesserter FSJ-Rate (Ferkel pro Sau pro Jahr) das Produktionsniveau wieder mehr in Richtung des ursprünglich geplanten Sauenbetriebs bringen.

Sollten Sie die Ursprungsgröße der Herde und das Produktionsniveau beibehalten wollen, geben wir Ihnen hier ein paar Vorschläge an die Hand, wie Sie den in der Richtlinie geforderten Platzbedarf von 24 sq. ft./Tier (2,2 m2) erfüllen können:

  • Erweitern Sie Ihre bestehenden Gebäude. Behalten Sie die Stallbreite bei oder passen Sie die Maße an um einen optimalen Grundriss zu erreichen.
  • Bauen Sie einen zusätzlichen Wartestall und verbinden Sie die Gänge.
  • Bauen Sie einen neuen Wartestall, der den neuen Vorschriften entspricht, und reißen Sie das/die alten Gebäude ab.

3. Wollen Sie einen neuen Stall bauen oder einen bestehenden Stall weiternutzen?

Ob man neu baut oder einen bestehenden Stall erweitert, ist immer eine schwierige Entscheidung – am Ende ist es meistens eine Frage von Kosten und/oder Zeit.

Bei einem Neubau auf der grünen Wiese sind die Vorteile eines umweltfreundlichen, den Anforderungen vollständig entsprechenden Gebäudes selbsterklärend. Mit dieser Option hat man alle Möglichkeiten bei Architektur und Technik entsprechende Anpassungen vorzunehmen, um jedwede Vorschrift zu erfüllen.

Eine andere Möglichkeit ist es, einen alten Stall abzureißen und an der gleichen Stelle einen Neubau zu errichten. Auch hier muss man sich Gedanken zu den örtlichen Gegebenheiten machen, z.B. zum Gülle- und Nährstoffmanagement. Wir haben auch schon Kunden begleitet, bei denen wir mehrere alte Ställe abreißen mussten, um einen neuen Stall zu bauen und so das Beste aus bestehenden Einschränkungen der örtlichen Gegebenheiten rausholen konnten, um die späteren Arbeitsbedingungen zu optimieren.

Einen bestehenden Wartestall entsprechend angepasst weiterzunutzen, ist eine weitere Option. Hier liegt das Hauptaugenmerk allerdings auf den vorhandenen Böden (d.h. Teil- oder Vollspalten etc.), weil dies für den Tierfluss und die Gesamtkosten ein extrem wichtiger Faktor ist.

So sind z.B. Teilspaltenböden mit 8’ (2,4 m) Breite schwierig, wenn man Selbstfangkastenstände nutzen will. Auch sind Ställe mit Teilspaltenböden eine Herausforderung für die Planung, weil die Tiere in den Selbstfangkastenständen auf Spaltenböden stehen müssen, um die Anzahl schmutziger Tiere möglichst gering zu halten und der Vorgabe von 24 sq. ft./Tier (2,2 m2) zu genügen. Meistens haben diese Ställe auch festgegossene Tröge, die verfüllt werden müssen.

Manchmal gibt es hier auch Tröge oberhalb des Bodens, die dann entfernt werden müssen. In einigen Ställen mit Teilspaltenböden gibt es feste Gänge, die auf den darunterliegenden Boden aufgegossen worden sind und entsprechend entfernt werden müssen und oft ist es in diesen Ställen so, dass der Boden ein Gefälle vom Gang zum Spaltenbereich aufweist. All dies bedeutet, dass Abtrennungen und Selbstfangkastenstände so konstruiert sein müssen, dass sie auch auf unterschiedlichen Bodenhöhen funktionieren.

Ställe mit Vollspalten, auf der anderen Seite, ermöglichen eine deutlich größere Flexibilität, was das Stalllayout angeht, so dass hier Tierkapazitäten und Tierfluss maximiert werden können.

4. Lässt sich der alte Stall vergrößern um die Vorgabe von 24 sq. ft. / Tier (2,2 m2) zu erreichen?

Viele ältere Warteställe sind mit einer flachen Grube ausgestattet. Wenn das auf Ihren Stall auch zutrifft, ist das entscheidende Kriterium, ob das vorhandene Güllesystem noch funktioniert, wenn der Stall vergrößert wird und das Rohrsystem mit einem halben Prozent Gefälle weitergeführt wird.

Falls Ihr alter Wartestall jedoch eine tiefe Grube hat, empfehlen wir, einen lizensierten Experten damit zu beauftragen festzustellen, ob sich die bestehende Grube erweitern lässt, ohne, dass das Stallgebäude an Stabilität verliert.

Wenn man diesen Weg wählt, muss man für gewöhnlich eine Kernbohrung für den Transport der Baustoffe in die Grube erstellen, damit der Wasserdruck auf beiden Seiten der Wand ausgeglichen werden kann.

Wo und wie lassen sich die Selbstfangkastenstände aufstellen, um die Tierbewegung zu optimieren und bestmögliche Arbeitsbedingungen für das Stallpersonal herzustellen?

Die Anordnung und das Design der Selbstfangkastenstände sind sowohl in Altställen wie auch in Neubauten ein entscheidender Faktor, weil der richtige Grundriss einen direkten Einfluss auf den Gesamterfolg und der Wirtschaftlichkeit Ihres Betriebs hat. Nachfolgend sehen Sie verschiedene Grundrissoptionen.

Optionen für den Stallgrundriss nach Proposition 12

barn layout

Ist der Selbstfangkastenstand für Sie Teil eines Gruppenhaltungssystem?

Für die meisten Schweinhalter, mit denen wir arbeiten, ist der Selbstfangkastenstand Teil eines Gruppenhaltungssystem. Wenn Sie dem zustimmen würden, müssen Sie für sich entscheiden, ob Sie den Besamungszeitpunt über die Zeit vor der Besamung bestimmen wollen (d.h. normalerweise 3 bis 5 Tage im Selbstfangkastenstand bevor es zurück in die normalen Buchten geht), das betrifft ca. 11% der Tiere im Wartebereich. Oder, ob Sie den Besamungszeitpunkt über die Zeit nach der Besamung bestimmen wollen (d.h. normalerweise 35 bis 40 Tage im Selbstfangkastenstand, Trächtigkeitsuntersuchung, dann zurück in die normalen Buchten), dieses Vorgehen umfasst ca. 40% der Sauen im Wartebereich.

Wenn Sie Selbstfangkastenstände hingegen nicht als Teil einer Gruppenhaltung betrachten, in der die Tiere länger als 2 bis 3 Stunden verweilen, müssen Sie sich überlegen, mit welchen Verfahren Sie rauschige Sauen am besten erkennen? In alten Systemen wurden Zuchtstände genutzt. Sobald eine Sau als rauschig erkannt wird, wird sie kurzzeitig in einen Zuchtstand zur künstlichen Besamung verbracht. Für welche Methode man sich auch immer entscheidet, das beste und effizienteste Besamungsmanagement ist ein ganz entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg eines Betriebs.

Zu einer Gesamtbetrachtung der Produktion gehört außerdem eine genaue Analyse des Fütterungssystems und der Futterpläne. Sauen nach dem Absetzen/vor der Besamung haben völlig andere Bedürfnisse als tragende Sauen. Auch hier sollte man unbedingt mit einem verlässlichen Partner zusammenarbeiten, um die für den eigenen Betrieb bestmöglichen Fütterungsmethoden und Ziele zu analysieren und festzulegen.

Ist es warm genug in Ihrem Stall?

In der Vergangenheit musste in Warteställen mit einer Standardbelegung je nach Region nur minimal geheizt werden, um eine komfortable Umgebung für die Sauen zu erzielen. Durch die Umstellung von den bisher gängigen 14 sq. ft./ Tier (1,3 m2) auf 24 sq. ft. (2,2m2) verringert sich automatisch die Tierdichte im Stall, d.h. es wird für das gleiche Gebäude ungefähr 42% mehr Heizleistung benötigt. Als Faustregel gilt, dass ein Sauenhalter für die Umstellung von der bisher gängigen Belegung auf eine Belegung mit geringerer Tierdichte ca. 50% mehr Heizleistung einplanen sollte. Für ein optimales Stallklima müssen aber viele Faktoren betrachtet werden, weshalb wir auch hier empfehlen, die individuellen Gegebenheiten zu analysieren und sich professionell beraten zu lassen.

Abschließende Überlegungen

Im Moment erscheint “Proposition 12” in Nord Amerika als wichtiger “Game Changer” in der Schweineindustrie. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie der Gesetzesvorschlag umgesetzt und von der Industrie akzeptiert wird. Die aufkommenden rechtlichen Fragen hierzu – sowohl jetzt wie auch in Zukunft – sind ein weiterer Faktor, den man im Auge behalten sollte.

Derweil sollten Schweinehalter egal welcher Betriebsgröße dem Thema aufmerksam folgen und im Hinterkopf behalten, dass es mit dem richtigen Partner und einem gewissen Maß an Planung durchaus machbare, kostengünstige und wirtschaftliche Lösungen für den Neu- oder Umbau bestehender Betriebe gibt.

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