Futterverschneidung im Abferkelbereich: Eine optimale Fütterungsstrategie
Von Amanda B. Uitermarkt, M.Sc., Dr. Hyatt Frobose und Sylven Blouin, Agr.
Die nächste Stufe in der Ernährung laktierender Sauen
Fortschritte in der Forschung zum Thema Nährstoffbedarf von laktierenden Sauen haben sowohl Forschern, wie auch Erzeugern deutlich gemacht, wie wichtig es ist, die Fütterung exakt an die Bedürfnisse einer Herde anzupassen, auch wenn diese Werte stark von den bisher veröffentlichten Werten abweichen können. So unterscheiden sich zum Beispiel die im oft zitierten amerikanischen Standardwerk Swine NRC (Nutrient Requirements of Swine, herausgegeben vom National Research Council in 2012) veröffentlichten Werte für den Nährstoffbedarf von Jungsauen und Sauen oft von den realen Werten, die in den verschiedenen Wachstums- und Produktionsphasen erfasst werden.
Gauthier et al (2019) hat die Schwankungen der Nährstoffbedarfe während der Laktation untersucht und festgestellt, dass es einen starken Zusammenhang zwischen dem Nährstoffbedarf der Sau und der Wachstumsrate eines Wurfes gibt. Ebenfalls einen Einfluss auf den Bedarf laktierender Sauen hat die Wurfzahl und die individuelle Körperkondition, trotzdem ist es in der industriellen Sauenhaltung gang und gäbe, alle Sauen während der Laktationsperiode mit der gleichen Rezeptur zu füttern. Da mindestens zwei Futterleitungen und -behälter nötig wären, um zumindest die Möglichkeit zu haben, mehr als eine Rezeptur während der Laktation zu füttern oder den Nährstoffgehalt anpassen zu können, entscheiden sich die meisten Sauenhalter ihre laktierenden Sauen einheitlich zu füttern.
**AMANDAS ERFAHRUNG** Ich habe schon häufig gesehen, dass Sauenhalter versucht haben eine ausgewählte Rezeptur an bestimmte Sauen und Jungsauen zu verfüttern, in dem sie bestimmte Reihen innerhalb ihrer Abferkelbereiche bestimmten Tieren zuweisen. Die meisten dieser Versuche scheitern oder werden aufgegeben, weil es Fluktuationen bei der Anzahl von Jungsauen pro Abferkeleinheit gibt oder, weil es dem Stallpersonal nicht gelingt, die Tiere entsprechend ihrer Wurfzahl in die richtige Reihe für die richtige Rezeptur einzusortieren. Meines Erachtens, ist es wichtig, jede Futtersorte oder Kombination verschiedener Futtersorten an jedem Ort füttern zu können, wenn man sich dafür entscheidet unterschiedliche Rezepturen oder Mischungen während der Laktation zu verfüttern.**
In einigen moderneren Sauenbetrieben sind bereits unterschiedliche Futterleitungen für bestimmte Reihen in den Abferkelbereichen installiert, trotzdem gilt es zu bedenken, dass sich der Nährstoffbedarf eines Tieres auch von Tag zu Tag verändern kann, weil der Bedarf von verschiedenen Faktoren abhängig ist, z.B. vom Laktationstag, der Anzahl an säugenden Ferkeln, dem Energiestatus und der generellen körperlichen Kondition der Sau/Jungsau.
Es gibt nur sehr wenige Fütterungssysteme, mit denen man unterschiedliche Rezepturen und Mixturen während der Laktationsphase füttern kann, aber genau mit Hilfe dieser Systeme ist es möglich, eine Sau oder Jungsau exakt auf ihren individuellen Nährstoffbedarf angepasst zu füttern, auch wenn dieser während der Laktationszeit schwankt. Eines dieser System ist Gestal Quattro
Wie unten beschrieben, hat die Futterverschneidung Vorteile für viele Schlüsselbereiche innerhalb der Laktationsphase.
Anwendungsbereich 1 : Futterverschneidung angepasst an die individuellen Bedürfnisse
In einem Abferkelstall befinden sich meistens Sauen mit unterschiedlichen Wurfzahlen und von unterschiedlicher körperlicher Konstitution und dementsprechend unterscheiden sich Sauen und Jungsauen häufig sehr hinsichtlich ihrer individuellen Nährstoffbedarfe. Futterberater versuchen meist vorrangig den Nährstoffbedarf der Jungsauen zu erfüllen, da es diesen häufig nicht gelingt, ausreichend Futter aufzunehmen, um sowohl ihr eigenes Wachstum als auch die Milchproduktion für die Ferkel abdecken zu können. Dementsprechend werden reife Sauen, die eigentlich auf der Basis einer g Lys/Tag Diät gefüttert werden sollten, weil sie keine zusätzlichen Wachstumsbedarfe mehr haben, oft mit Aminosäuren überfüttert. Mit einer Messung der durchschnittlichen täglichen Futteraufnahme, Laktationstag und der Anzahl an säugenden Ferkeln, können wir die Tiere deutlich besser angepasst an ihre individuellen Bedürfnisse füttern, wenn uns das Fütterungssystem dabei unterstützt.
Obwohl wir mit dem zuvor beschriebenen weitverbreiteten derzeitigen Ansatz ungefähr zwei Drittel der Tiere überfüttern (reife Sauen), verlieren Jungsauen und Zweitwurf-Sauen oft einen erheblichen Anteil ihres Körpergewichts während der Laktation, was zu Problemen bei der Wiederbelegung führen kann und damit Leistungsverluste nach sich zieht.
Wie von Strathe et al (2015) beschrieben, ist der Nährstoffbedarf oft in der zweiten Woche der Laktation am höchsten, da hier der für die Milchproduktion benötigte Nährstoffbedarf die verfügbaren Ressourcen übersteigt, weil die Futteraufnahme sich noch erhöht. Vor allem Erst- und Zweitwurf-Sauen und Tiere in der zweiten Laktationswoche würden von einer Fütterung mit einer höheren Nährstoffdichte stark profitieren.
Anwendungsbereich 2 : Verschneiden senkt Futterkosten
Eine vorläufige Modellierung basierend auf dem zurzeit während der Laktation verfütterten SID Lysin Level weist darauf hin, dass ein Erzeuger zwischen 3,00 und 6,00 US$ pro Jungsau pro Laktation einsparen könnte, und zwischen 5,40 und 8,90 US$ pro Sau pro Laktation bei einer Verschneidung von zwei Futtersorten (0,53 und 1,25 SID Lys; Preise Stand Dezember 2019). Gemäß dieser Schätzungen, könnte sich eine Technologie sowie die damit zusammenhängende Infrastruktur für eine Futterverschneidung schnell auszahlen.
Im oben beschriebenen Beispiel, in dem es darum geht, jüngeren Tieren und Tieren mit einer negativen Energiebilanz Futter mit einer höheren Nährstoffdichte vorzulegen, könnte man die Ressourcen darauf konzentrieren, nur den Tieren das teurere Futter anzubieten, die davon auch wirklich profitieren. Die reiferen Tiere und die Tiere, bei denen die Futteraufnahme für den Selbsterhalt und die Milchproduktion ausreicht, könnten hingegen auch mit einem weniger kostenintensiven Futter versorgt werden.
Außerdem könnten viele Ferkelerzeuger, die schon auf längere Laktationszeiten umgestellt haben, davon profitieren, eine kostengünstigere, weniger nährstoffdichte Rezeptur zu verfüttern, da die durchschnittliche tägliche Futteraufnahme in der späteren Laktationsphase meist höher ist.
Anwendungsbereich 3: Verschneiden um Hitzestress abzumildern
Wenn Sauen Hitzestress haben, kann die freiwillige Futteraufnahme um bis zu 22% sinken (Silva, 2020), und die Strategie der Futterverschneidung könnte hier genutzt werden, um die Rationen entsprechend anzupassen und ein Futter mit einer höheren Nährstoffdichte während der Hitzeperiode vorzulegen. Wenn ein Erzeuger mit einer Rezeptur mit einer höheren Nährstoffdichte bei 22% geringerer Futteraufnahme die Aufnahme von Energie und Aminosäuren ausgleichen kann, könnte damit sehr effizient der sommerliche Hitzestress auf Sauen und ihre Ferkel abgemildert werden.
In diesem Fall könnte man Futterverschneidung mit zusätzlichen Technologien kombinieren, die in der elektronischen Sauenfütterung eingesetzt werden, um Sauen zu animieren zu den kühleren Tageszeiten zu fressen. Da Hitzestress überall auftreten kann, haben wir Strategien entwickelt, die Temperaturunterschiede abzumildern.
Verschneiden um Entnahmeraten zu verringern
Vor dem Hintergrund, dass die moderne fruchtbare Sau nicht signifikant mehr Futter pro Tag konsumiert, obwohl sie mehr Ferkel pro Wurf großzieht, ist es keine große Überraschung, dass viele Sauenhalter Probleme mit einem übermäßigen Verlust der Körperkondition während der Laktationsphase haben, da die Anforderungen an die Sau während der Laktation gestiegen sind. Es ist extrem wichtig für den Reproduktionszyklus, dass die Sau möglichst wenig ihrer körperlichen Reserven während der Laktation bis zum Absetzen einbüßt, ein Problem, mit dem Ferkelerzeuger vor allem bei jüngeren Tieren immer wieder zu kämpfen haben. Der Verlust größerer Anteile der Körperreserven während der Laktation kann zu einem unregelmäßigen Eisprung führen und damit eine schlechtere Reproduktionsleistung nach sich ziehen und letztendlich zu einer frühzeitigen Entnahme aus der Herde führen.
Viele Ferkelerzeuger hinterfragen mittlerweile die beinahe normal gewordenen hohen Entnahmeraten in Sauenherden und suchen nach Möglichkeiten, wie sich die Anzahl der frühzeitig aus der Herde entnommenen Tiere reduzieren lässt. Die Verbleiberate einer Herde (größer als 50%) ist das beste Argument für die Notwendigkeit Lösungsstrategien für eine Reduktion der Entnahmerate zu finden. Futterverschneidung in der Laktationsphase ist eine zusätzliche Möglichkeit, die helfen kann die Anzahl der Tiere, die aufgrund beeinträchtigter Reproduktionsleistung nach dem ersten oder zweiten Wurf entnommen werden müssen, zu reduzieren.
Die Zukunft der Futterverschneidung während der Laktation
Viele Erzeuger integrieren bereits sogenannte „smarte“ Systeme und Technologien in ihre Produktion, um die im Stall gesammelten Daten optimal zu nutzen und Entscheidungsprozesse zu vereinfachen. Im Rahmen dieser Technologien und besonders für den Bereich Fütterung, können Anlagen, wie von Gauthier beschrieben und ebenso Dourmads InraPorc benutzt werden, um die Fütterung anhand der sich stetig verändernden Parameter wie zum Beispiel die Futteraufnahme, Anzahl der säugenden Ferkel und Laktationszustand an den wechselnden individuellen Nährstoffbedarf der Sauen anzupassen. Die Einführung dieser Programme ist der nächste Schritt in Richtung einer kostenoptimierten Präzisionsfütterung, die optimal auf die sich ändernden Bedürfnisse der Sau angepasst ist und Futterkosten reduzieren hilft.